So. Mai 19th, 2024

Mainz (ots) – Die Amerikaner gehen raus, die Deutschen gehen mit. Bald, so schätzt man, werden die Taliban weite Teile Afghanistans unterworfen haben. Al-Kaida und der Islamische Staat unterjochen weitere Regionen. Das demokratische System in Kabul, in sich zerstritten, noch geprägt von Stammes- und Clantraditionen, wird implodieren. Und jetzt die Prognose, die am leichtesten fällt: Der Anteil der Menschen, die aus politischen, religiösen, sexistischen oder anderen Gründen aus Afghanistan fliehen, wird drastisch steigen. Schon jetzt leben etwa sieben Prozent der Afghanen als Flüchtlinge außerhalb der Heimat. Der failed state, der gescheiterte Staat Afghanistan, wird nun endgültig zum Spielfeld der Terroristen und Drogenhändler (beide Gruppen sind oft identisch), ein Dorado für Waffenhändler, Schmuggler und eine Brutstätte für Religionsfanatiker. All das sollten die Truppen der Nato anfangs bekämpfen, später wenigstens behindern und das Schicksal der Schwachen, der Bedrohten lindern. Zugegeben, auch an anderen Stellen der Welt könnte die Nato, müsste die UNO mit Waffengewalt Völkermorde und humanitäre Katastrophen unterbinden. Aber in Afghanistan hat sie es exemplarisch versucht und ist gescheitert. Das werden sich andernorts viele merken. Auch insofern ist der Rückzug der amerikanischen Soldaten am 11. September 2021 ein historisches Datum, nur vergleichbar mit der Flucht aus der südvietnamesischen Hauptstadt Saigon im April 1975. Und die Soldaten werden sich fragen, wofür sie gekämpft haben und wofür ihre Kameraden gestorben sind.

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